Das war schon ein echter Hingucker, den die Van Doorne’s Automobiel Fabriek N.V. (DAF) da im Jahr 1967 auf den Markt gebracht hat — den DAF 55 mit Variomatic.
Leider haben nicht viele DAF 55 die letzten Jahrzehnte überlebt, weswegen ich mich umso mehr gefreut habe, dass mir Günther & Theresa ihren Oldie für eine kurze Foto-Strecke zur Verfügung gestellt haben.
Der hier von mir gezeigte DAF ist Baujahr 1969, war immer auf deutschen Straßen unterwegs und verfügt mit einem originalen Stahlschiebedach über ein sehr seltenes Extra. Das Fahrzeug präsentiert sich auf den Fotos in einem komplett restaurierten Zustand, der im Original noch viel mehr zu begeistern weiß. Ich übertreibe keineswegs, wenn ich hier von einem tadellosen Zustand spreche.
Nun ja, jetzt heißt dieser Artikel ja im Nebensatz “Späte Liebe” und Ihr möchtet doch bestimmt auch wissen warum. Dies ist aber schnell erklärt. Günther — der jetzige Besitzer dieses Fahrzeugs und selbst ein Kind der 50er Jahre — hat sich den Traum “DAF 55” erst vor einem halben Jahr erfüllt und in diesem Fall kann man wohl getrost von “Später Liebe” sprechen. Ich wünsche ihm und seinem DAF allzeit Gute Fahrt und möchte mich an dieser Stelle gerne noch einmal dafür bedanken, dass ich von diesem schicken Kleinod ein paar Fotos machen durfte ;-)
Wer mag, kann sich im folgenden Absatz noch etwas Wissen zur Technik im DAF 55 anlesen. Die ungeduldigen Leser dürfen aber auch gerne sofort zu den Bildern weiterscrollen :-)
Der DAF 55 in ein paar Stichworten:
Für den Vortrieb im DAF 55 sorgte damals ein aus dem Renault R8 entliehener Motor, der mit seinen 1,1 Liter Hubraum immerhin für stramme 45 PS gesorgt hat und dies war Ende der 60er weiß Gott keine schlechte Motorisierung. Beatmet wurde das Zwergenherz von einem Vergaser der Marke Solex, der sein Gemisch stets akkurat an die vier Zylinder zu verteilen wusste. Schon damals stand der Name Solex für Qualität und Zuverlässigkeit, was wohl mitunter einer der Gründe war, warum man bei DAF auf diesen Hersteller als Lieferant zurückgegriffen hat.
Die größte Besonderheit am DAF 55 ist und bleibt aber die legendäre Variomatic, wodurch die Fahrzeugbauer bei DAF komplett auf den Einbau eines Getriebes (im klassischen Sinne) und eines Differentials verzichten konnten.
Das Getriebe ersetzt im DAF 55 die Variomatic, bei der ein breiter Keilriemen zwischen zwei Paaren konischer Riemenscheiben läuft. Alleine die Fliehkraft sorgt dann dafür, dass sich je nach Drehzahl das Übersetzungsverhältnis ändert. Wo bei einem klassischen Getriebe die einzelnen Gänge feste Übersetzungsverhältnisse vorgeben, gibt es bei der Variomatic nur die stufenlose Verstellung der Übersetzung.
Ein Differential war ebenfalls überflüssig, da der Schlupf im Riementrieb für den Ausgleich der unterschiedlichen Raddrehzahlen bei Kurvenfahrten gesorgt hat. Alles in allem eine einfache wie auch geniale Konstruktion, welche nicht zuletzt dafür gesorgt hat, dass ein DAF vorwärts wie rückwärts stets gleich schnell fahren konnte.
Letzteres ist allerdings wenig empfehlenswert, da sich bei schnellen Rückwärtsfahrten der Nachlauf der Lenkachse als nachteilig erweist. Was bei der Vorwärtsfahrt für Stabilität und einen angenehmen Geradeauslauf sorgt, verkehrt sich bei der Rückwärtsfahrt sehr schnell ins Gegenteil und kann zu einem unkontrollierbarem Lenkeinschlag führen. Genau dieser dürfte dann ganz schnell für einen Abflug in die Botanik sorgen. Nun gut, man muss ja auch nicht alles ausprobieren ;-)
Manch einer wird jetzt geneigt sein zu behaupten, dass dies vollkommen veraltete Technik sei, die heute absolut niemand mehr nutzt. Doch weit gefehlt! Bis zum heutigen Tage wird diese Getriebeart bei Motorrollern, Mopeds, Quads und Schneemobilen eingesetzt und dort auch stets unter dem Namen “Variomatic”.
Die Firma Mercedes-Benz nutzt übrigens ein ganz ähnliches Prinzip in ihren Autotronic-Automatikgetrieben, woran man sehr schön sehen kann, dass diese Technik sehr wohl bis zum heutigen Tage erfolgreich im Einsatz ist.
In den fünf Produktionsjahren von 1967 bis 1972 wurden circa 164.000 DAF 55 produziert, wobei gerade einmal knapp 11.000 Modelle in der Ausführung Marathon ausgeliefert worden sind. Diese Variante bot Dank höherer Verdichtung etwas mehr Motorleistung an.
1972 kam dann das Aus für den DAF 55, da in diesem Jahr das Nachfolgemodell DAF 66 auf dem Markt kam. Dieses wurde aber auch nur bis 1975 gebaut, da in diesem Jahr die PKW-Sparte der Marke DAF von der Firma Volvo übernommen wurde. Mit dem DAF 77 — welcher als Volvo 343 am Markt erschien — endete die PKW-Ära bei der Firma DAF. Womit sich auch dieses Kapitel der Autogeschichte schließt …
So! Genug gefachsimpelt. Viel Spaß mit den Bildern.